Haare in der Dusche

Haare in der Dusche

Vorbemerkung
Anspiele sind kurze Szenen, in denen leicht verständliche Alltagssituationen wiedergegeben werden, die zum Nachdenken oder zum Gespräch in Gruppen anregen können.

Haare in der Dusche

© Gisela Baltes

Susanne: Ach, Marlene! Wenn ich zu dir komme, krieg ich immer Komplexe!

Marlene: Komplexe? Warum denn bloß?

Susanne: Bei dir ist immer alles so tip top. Kein Stäubchen, kein Spinnweb. Die Fenster sind geputzt und die Fußböden blank. Alles makellos sauber und aufgeräumt. Und das nicht etwa nur, wenn du Besuch erwartest, sondern auch, wenn man mal unverhofft bei dir reinschneit. Wie schaffst du das bloß?

Marlene: Da brauchst du wirklich keine Komplexe zu kriegen. Schließlich bist du nicht nur Hausfrau, sondern auch noch zusätzlich berufstätig und dann hast du auch noch zwei Kinder, die deine Ordnung boykottieren. Als unsere Kinder noch zu Hause wohnten, sah das hier auch anders aus.

Susanne: Erzähl das mal meinem Mann! Nicht daß er direkt meckert. Aber er hat so eine hintergründige Art, mich auf „Problemzonen“ meines Haushalts hinzuweisen.

Marlene: Ach, nimm dir das bloß nicht zu Herzen. Ich bin ganz sicher, dein Mann weiß dich durchaus zu schätzen.

Susanne: Das wage ich zu bezweifeln. Ein Beispiel nur. Er war doch letzte Woche auf Dienstreise. Und da der Pit auf Klassenfahrt war und die Susi bei der Oma, hab ich mir ein paar Tage frei genommen und mal so richtig Hausputz gemacht.

Marlene: Da wüßte ich meine Ferien aber besser zu verbringen.

Susanne: Ach, das waren eh Überstunden, die ich noch abfeiern mußte. Ich hab also das Oberste zuunterst gekehrt, Schubladen aufgeräumt, die mich schon seit Jahren vorwurfsvoll anstarren, Türen und Schränke abgewaschen, Fenster geputzt, Gardinen gewaschen. Und ..., und ..., und ... .

Marlene: Na, da wird dein Mann aber gestaunt haben.

Susanne: Denkste! Dummerweise kam der einen Tag zu früh nach Hause. An dem Tag hatte ich mir eigentlich noch das Badezimmer mal gründlich vorknöpfen wollen.

Marlene: Und?

Susanne: Mein Mann kam rein und gab mir den üblichen zerstreuten Begrüßungskuß. Dann packte er seine Reisetasche aus und dekorierte das Schlafzimmer mit seiner Schmutzwäsche. Danach duschte er, weil er ziemlich verschwitzt war.

Marlene: Ist ihm denn gar nichts aufgefallen? Hat er denn gar nichts gesagt?

Susanne: O doch! Er hüpfte tropfend durch unsere makellos saubere Wohnung und rief: „Da hängt mal wieder kein Badetuch! Und Haare waren auch in der Dusche!“
 

Anmerkungen zum Leitmotiv: Lob und Dank im Alltag
 

Wenn jemand seine Sache gut macht, hat er dafür Lob verdient. Allerdings muß man dabei gewisse Regeln beachten.

Auch sehr selbstlos erscheinende Taten enthalten fast immer einen guten Schuß an eigensüchtigen Motiven, nämlich den Wunsch nach Anerkennung und Lob. - Also auch die "selbstlosen" Menschen immer mal wieder loben!

Lob muß sofort kommen, nicht erst nach einem halben Jahr. - Also spontan loben!

Am schnellsten nutzt sich pauschales Lob ab. Mit so einem Rundumschlag kann der Gelobte meist nicht sehr viel anfangen. - Also gezielt loben!

Die gleiche Wirkung hat stereotypes Lob. Wenn jemand jedesmal dasselbe sagt, dann erscheint das früher oder später wie eine freundliche Floskel. - Also ganz genau sagen, was gefallen hat!

Allzu überschwengliches Lob für Selbstverständlichkeiten wirkt nicht sonderlich glaubwürdig. - Also Übertreibungen vermeiden!

Andererseits sollte man aber auch nicht alles für selbstverständlich halten. Wenn nämlich etwas besonders gut gelungen ist und niemand das zur Kenntnis nimmt, kann das Menschen, die nicht von Natur aus mit einem besonders stabilen Selbstbewußtsein ausgestattet sind, sehr verunsichern. Schweigen wird dann leicht als Mißbilligung gedeutet. - Also aufmerksam und nicht maulfaul sein!

Lob macht Mut. - Also nicht nur die Erfolge, sondern auch die Fortschritte loben!

Lob und Dank sind Geschwister, die sich gegenseitig vertreten können.

Haben Sie heute schon gelobt?