Christliche Streitkultur
(Mt 15,21-28)
Eine heidnische Frau bittet
den jüdischen Wunderheiler,
ihrer kranken Tochter zu helfen.
Doch ungewohnt barsch weist Jesus sie ab:
Zu den Kindern Israels bin ich gesandt.
Es steht mir nicht zu, ihnen ihr Brot zu nehmen,
um es vor die Hunde zu werfen.
"Hunde" - das jüdische Schimpfwort für Heiden!
Wie demütigend, so abgewiesen zu werden!
Doch gelassen nimmt die Frau die Herabsetzung hin.
Unbeirrt greift sie das kränkende Bild auf
und stellt es schlagfertig in einen neuen Rahmen:
Selbst die Hunde ernähren sich von dem,
was vom Tisch ihres Herrn auf den Boden fällt.
Da erst wird Jesus seine ganze Sendung bewusst.
Ein Lernprozess, in Gang gesetzt
durch Beharrlichkeit und Scharfsinn,
lässt ihn seine bisherigen Grenzen durchbrechen,
wandelt sein Nein in ein Ja.
Geburtsstunde für die Gemeinschaft der Christen
aus Juden und Heiden.
Auch heute steht noch mancher Lernprozess an.
So viele Grenzen in so vielen Köpfen!
Werden wir die je überwinden?
Nur, wenn wir uns nicht abweisen lassen
und unbeirrt mit Beharrlichkeit und Geduld
eine christliche Streitkultur pflegen
nach dem Beispiel jener frühen Christin aus Kanaan.
© Gisela Baltes