Verloren und wiedergefunden

Verloren und wiedergefunden

Verloren und wiedergefunden

 

Da drängen sie sich Weihnachten

in die letzten Bänke und warten darauf,

mit feuchten Augen und lautstarker Inbrunst

"Stille Nacht, heilige Nacht!" singen zu dürfen.

 

Taufscheinchristen, Feiertagschristen,

Fremde, die sich kaum noch auskennen

mit unseren Gebeten und Liedern,

Eindringlinge in unserer vertrauten

Sonntags-Gemeinschaft.

 

Und trotzdem

verlorene Söhne, verlorene Töchter,

die nicht einmal ahnen,

dass Gott s i e vielleicht heute,

vielleicht gerade heute,

in seine Arme schließen,

wieder in Liebe aufnehmen will.

 

Daneben wir andern,

gläubige Brüder, fromme Schwestern,

seit Jahr und Tag gottesfürchtig und treu.

 

Doch für wen ist das Fest,

für wen die Musik, wem wird

der Ring an den Finger gesteckt?

 

Voll Eifersucht drängt es mich

zwischen Gott und seine verlorenen Kinder.

Der Umarmung bedürftig

erkenn ich mich selbst

als verloren und wiedergefunden.

 

© Gisela Baltes